FRAGE: Wenn der Hauptzweck einer Genossenschaft die Förderung der Mitglieder und die langfristige bzw. nachhaltige Grundhaltung ist, wie kommen dann Entscheidungen und auch wirtschaftliche Erfolge zustande?
Das ist eine spannende Frage! Da eine Genossenschaft nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern auf Mitgliederförderung und langfristige Stabilität ausgerichtet ist, unterscheiden sich ihre Entscheidungsprozesse und wirtschaftlichen Erfolgsfaktoren von klassischen kapitalistischen Unternehmen. Schauen wir uns das genauer an:
1. Entscheidungsfindung in einer Genossenschaft
Die Entscheidungsprozesse in einer Genossenschaft sind demokratisch organisiert, aber dennoch wirtschaftlich orientiert.
a) Mitgliederbeteiligung und Demokratieprinzip
- Generalversammlung: Jedes Mitglied hat eine Stimme, unabhängig von der Höhe der Kapitaleinlage.
- Wichtige Entscheidungen (z. B. Investitionen, Satzungsänderungen) werden gemeinschaftlich getroffen.
- Aufsichtsrat und Vorstand: Der Vorstand führt die Geschäfte, während der Aufsichtsrat die strategische Kontrolle übernimmt.
👉 Konsequenz: Entscheidungen sind oft langsamer als in kapitalistischen Unternehmen, aber sie haben eine höhere Legitimität und sind nachhaltiger, weil sie von vielen getragen werden.
b) Konsensorientierung und Gemeinschaftsinteressen
- Statt einseitiger Gewinnmaximierung wird abgewogen, welche Entscheidungen den Mitgliedern langfristig zugutekommen.
- Widersprüche zwischen wirtschaftlicher Effizienz und Mitgliedernutzen werden durch offene Diskussionen und Abstimmungen aufgelöst.
👉 Beispiel: Eine Wohnungsbaugenossenschaft könnte beschließen, Mieten stabil zu halten, statt maximale Gewinne durch Mieterhöhungen anzustreben – weil dies den Mitgliedern (Mietern) mehr dient.
2. Wirtschaftlicher Erfolg einer Genossenschaft
Obwohl Genossenschaften keine klassischen Gewinnmaximierer sind, müssen sie wirtschaftlich erfolgreich sein, um nachhaltig bestehen zu können.
a) Nachhaltige Geschäftsmodelle
- Langfristige Planung statt kurzfristiger Profitmaximierung: Investitionen werden mit Blick auf Beständigkeit und Stabilität getätigt.
- Risikostreuung durch Mitgliederbeteiligung: Mehrere Mitglieder tragen das wirtschaftliche Risiko gemeinsam.
- Gemeinschaftliches Wachstum: Einnahmen fließen meist in Reinvestitionen oder direkte Mitgliedervorteile.
👉 Beispiel: Eine Energiegenossenschaft kann Überschüsse nutzen, um neue Photovoltaikanlagen zu bauen oder Mitglieder mit günstigeren Tarifen zu versorgen.
b) Finanzierungsmodelle und wirtschaftliche Sicherheit
- Eigenkapital durch Mitgliedsbeiträge: Kein externer Investitionsdruck.
- Kredite und Fördermittel: Viele Genossenschaften haben günstige Finanzierungsmöglichkeiten, weil sie als wirtschaftlich stabil gelten.
- Ertragsverwendung: Gewinne werden entweder reinvestiert oder (falls in der Satzung festgelegt) an Mitglieder ausgeschüttet.
👉 Beispiel: Eine Einkaufsgenossenschaft senkt durch Mengenrabatte die Einkaufspreise für Mitglieder – der wirtschaftliche Erfolg zeigt sich also nicht primär in Gewinnausschüttungen, sondern in niedrigeren Kosten für Mitglieder.
c) Krisenresistenz
- Resilienz durch breite Mitgliederbasis: Genossenschaften sind weniger abhängig von einzelnen Investoren oder kurzfristigen Markttrends.
- Langfristige Kundenbindung: Mitglieder sind gleichzeitig Kunden, was eine höhere Loyalität schafft.
- Flexibles Wachstum: Genossenschaften wachsen durch neue Mitglieder, nicht durch Übernahmen oder risikoreiche Expansionen.
👉 Studien zeigen, dass Genossenschaften wirtschaftlich stabiler sind als klassische Unternehmen – insbesondere in Krisenzeiten.
3. Fazit: Langsame, aber nachhaltige Entscheidungen – stabiler wirtschaftlicher Erfolg
Eine Genossenschaft entscheidet demokratisch und konsensorientiert, was Prozesse manchmal verlangsamt. Dafür werden Entscheidungen von den Mitgliedern getragen und dienen langfristigem wirtschaftlichem Erfolg. Der Erfolg zeigt sich nicht primär in hohen Renditen, sondern in Mitgliederförderung, Stabilität und nachhaltigem Wachstum.
Kernprinzipien:
✅ Langfristige Perspektive statt Quartalsdenken
✅ Gemeinwohl und Mitgliederförderung statt externer Shareholder-Gewinne
✅ Resilienz durch breite Mitgliederbasis statt Abhängigkeit von wenigen Investoren